Geschichte des Instituts
Die Bayreuther Islamwissenschaft wurde von Prof. Dr. Jamil M. Abun-Nasr (1932-2021) begründet. Er hatte den Lehrstuhl für Islamwissenschaft von 1985 bis 1997 inne und war maßgeblich am Aufbau des Afrikaschwerpunktes der Universität Bayreuth beteiligt. Prof. Abun-Nasr leitete die islamwissenschaftliche Gruppe im Bayreuther Afrika-Sonderforschungsbereich und konzentrierte sich in einer ersten Phase auf Muslime in Nigeria seit den 1950er Jahren. Die Ergebnisse dieser Arbeiten wurden 1993 im Sammelband Muslime in Nigeria: Religion und Gesellschaft im politischen Wandel seit den 1950er Jahren (LIT Verlag, Münster 1993) veröffentlicht. In der zweiten Phase des Sonderforschungsbereichs leitete er die Forschergruppe "Islam und Staat in ausgewählten afrikanischen Staaten". Studien wurden zu den Ländern Ägypten, Tunesien, Marokko, Senegal und Mali unternommen.
Abun-Nasr stammte aus dem Libanon und hatte Geschichte des mittleren Ostens an der Amerikanischen Universität von Beirut und Orientalistik an der Universität Oxford bei Professor Albert Hourani studiert. Nach der Promotion 1961 lehrte und forschte er in Harvard (1962/63) sowie an der Amerikanischen Universität Beirut (1963-966, 1967-1968), der Universität von Sierra Leone (1966-1967), der Universität Ibadan in Nigeria (1968-1974) und an der Freien Universität Berlin (1975-1984). Ab 1984 leitete er das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Forschungsprojekt "Neue Tendenzen im afrikanischen Islam" (1984-1996).
Neben zahlreichen Artikeln in vielen Fachzeitschriften gehören die folgenden Monographien zu seinen Publikationen: The Tijaniyya, a Sufi Order in the Modern World (OUP, London 1965), A History of the Maghrib (CUP, Cambridge 1971 und 1975), A History of the Maghrib in the Islamic Period (CUP, Cambridge 1987). Prof. Abun-Nasr verstarb am 10. April 2021. Einen Nachruf von seinem ehemaligen Mitarbeiter und Assistenten Prof. Dr. Roman Loimeier (Universität Göttingen) wurde vom Exzellenzcluster Africa Multiple veröffentlicht.
1997 wurde der Lehrstuhl der Islamwissenschaft unter besonderer Berücksichtigung Afrikas von Prof. Dr. Rainer Oßwald übernommen. Er studierte Islamwissenschaft an der Universität Tübingen und an der School of Oriental and African Studies (SOAS in London). 1983 promovierte er an der Universität Tübingen und habilitierte 1989 an der Universität Kiel. Er arbeitete insbesondere mit mauretanischen Handschriften. Neben Rechtsgutachten beschäftigte er sich auch mit Privatdokumenten (kunnāš) der mauretanischen Manuskriptsammlungen, also beispielsweise mit Verträgen und Rechnungen. Seine fundierte philologische Herangehensweise machte er für die Forschungsschwerpunkte islamisches Recht (fiqh), Sklaverei und die Geschichte des Sokoto Kalifats fruchtbar. Seine wichtigsten Monographien umfassen Die Handelsstädte der West-Sahara. Die Entwicklung der arabisch-maurischen Kultur von Šinqīt, Wādān, Tīšīt und Walāta (Dietrich Reimer, Berlin 1986), Das Sokoto-Kalifat und seine ethnischen Grundlagen. Eine Untersuchung zum Aufstand des Abd as-Salām (Steiner, Wiesbaden 1986), Schichtengesellschaft und islamisches Recht. Die Zawāyā und Krieger der Westsahara im Spiegel von Rechtsgutachten des 16. – 19. Jahrhunderts (Harrassowitz, Wiesbaden 1993), Pactane sunt servanda? Freiwilligkeit, Zwang und Unverbindlichkeitserklärungen im islamischen Vertragsrecht malikitischer Schule (Frankfurt am Main 1998), Sklavenhandel und Sklavenleben zwischen Senegal und Atlas (Ergon, Würzburg 2016) und Das islamische Sklavenrecht (Ergon, Würzburg 2017).